Scene 1
Das Theater is ein Palmenwald, alle Bäume sind silberartig,
die Blätter von Gold, 18 Sitze von Blättern. Auf einem jeden
Sitze steht eine Pyramide und ein großes, schwarzes Horn mit
Gold gefaßt. In der Mitte die größte Pyramide, auch
dir größten Bäume.
(Sarastro nebst anderen Priestern kommen in feierlichen
Schritten, jeder mit einem Palmenzweig in der Hand. Ein Marsch mit
Blasinstrumenten begleitet den Zug.)
Marsch der Priester
Sarastro (nach einer Pause):
Ihr, in dem Weisheitstempel eingeweihten
Diener der großen Götter Osiris und Isis! Mit
reiner Seele erklär' ich euch, daß unsre heutige
Versammlung eine der wichtigsten unsrer Zeit ist. Tamino, ein
Königssohn, will ins Heiligtum des größten Lichtes
blicken. Diesen Tugendhaften zu bewachten, ihm freundschaftlich die
Hand zu bieten, sei heute eine unsrer wichtigsten Pflichten.
Erster Priester (steht auf):
Er besitzt Tugend?
Sarastro:
Tugend!
Zweiter Priester:
Auch Verschwiegenheit?
Sarastro:
Verschwiegenheit!
Dritter Priester:
Ist wohltätig?
Sarastro:
Wohltätig! Haltet ihr ihn für würdig, so folgt meinem
Beispiele.
(Sie blasen dreimal in die Hörner.)
Gerührt über die Einigkeit eurer Herzen, dankt Sarastro
euch im Namen der Menschheit. Mag immer das Vorurteil seinen Tadel
über uns Eingeweihte auslassen! Jedoch, das böse Vorurteil
soll schwinden; und es wird schwinden, sobald Tamino selbst die
Größe unserer schweren Kunst besitzen wird. Pamina haben
die Götter dem holden Jüngling bestimmt; dies ist der Grund,
warum ich sie der stolzen Mutter entriß. Das Weib dünkt
sich groß zu sein; hofft durch Blendwerk und Aberglauben das
Volk zu berücken und unsern festen Tempelblau zu
zerstören. Allein, das soll sie nicht. Tamino, der holde
Jüngling, soll ihn mit uns befestigen und als Eingeweihter der
Tugend Lohn, dem Laster aber Strafe sein.
(Der dreimalige Akkord in den Hörnern wird von allen
wiederholt.)
Sprecher:
Großer Sarastro, wird Tamino auch die harten Prüfungen,
die seiner warten, bekämpfen? - Verzeih, daß ich so frei
bin, dir meinen Zweifel zu eröffnen! Mich bangt es um den
Jüngling - Er ist Prinz!
Sarastro:
Noch mehr! Er ist Mensch!
Sprecher:
Wenn es nur aber in seiner frühen Jugend leblos erblaßte?
Sarastro:
Dann ist er Osiris und Isis gegeben und wird der Götter Freuden
früher fühlen als wir.
(Der dreimalige Akkord wird wiederholt)
Man führe Tamino mit seinem Reisegefährten in den Vorhof
des Tempels ein.
Arie mit Chor
Sarastro:
O Isis und Osiris, schenket
Der Weisheit Geist dem neuen Paarl
Die ihr der Wand'rer Schritte lenket.
Stärkt mit Geduld sie in Gefahr.
Chor:
Stärkt mit Geduld sie in Gefahr!
Sarastro:
Laßt sie der Prüfung Früchte sehen;
Doch sollten sie zu Grabe gehen,
So lohnt der Tugend kühnen Lauf,
Nehmt sie in euren Wohnsitz auf.
Chor:
Nehmt sie in euren Wohnsitz auf.
(Sarastro geht voraus, dann alle ihm nach - ab.)
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